Gemeinde Hořice na Šumavě

Die Afänge der Gemeinde Hořice na Šumavě reichen bis ins 13. Jahrhundert, zum ersten Mal wurde sie 1272 erwähnt, damals gehörte Hořice na Šumavě mit der nächsten Umgebung den Herren von Kosova Hora. Einer von ihnen, Jindřich verkaufte das Gut an Záviš von Falkenštejn und dessen Bruder Witiko von Krumau aus dem Geschlecht der Rosenberger. Daher kommt auch der Höritzer Wappen – die fünfblätrige rote Rose im weissen Feld. Die hiesige Pfarre ist jedoch noch älter, sie stammt aus dem Jahre 1248. Im Jahre 1375 ist Hořice na Šumavě die wichtigste Gemeinde in der ganzen Umgebung, es hat eigenen Dorfrichter, die Ratsherren und eigene Rechtsprechung. Im Jahre 1549 hat der Abt Pavel von Vyšší Brod Hořice na Šumavě die Rechte eines Marktes erteilt.

 

Hořice na Šumavě cca 1894

Passionsspiele in Hořice na Šumavě

Die Anfänge der Tradition der Höritzer Passionsspielen gehen bis in das 13. Jahrhundert zurück, was eng mit den schweren, manchmal unerträglichen, Bedingungen der Untertanen verbunden ist. Die Religion wird oft zum Ausweg aus der schwierigen Situation. Die Menschen verbinden ihr Leiden mit dem Leiden Christi und glauben, dass auch für sie kommt die Auferstehung, dass bessere Zeiten kommen. Man sucht das Gute und das Böse und bemüht sich es in Volksspielen darzustellen. Ihre Entwicklung wurde jedoch von den Kriegsereignissen im 17. Jahrhundert negativ gekennzeichnet.

Nächste Erneuerung der Tradition folgt am Anfang des 19. Jahrhunderts und geht aus der Religiosität des einfachen Höritzer Volkes heraus. Die erste Aufführung war im Jahre 1816. Den ersten Text der neuzeitlichen Passionsspiele verfasste der Höritzer Leinwebermeister Paul Gröllhesl. Der Text trug den Titel „Das Leiden und Sterben Unseres Herrn Jesu Christi, ein Trauerspiel in 5 Aufzügen und einem Vorspiel“ und diente für längere Zeit als Bühnebuch. In den Jahren 1816 – 1840 wurde an den Sonntagen in der Fastenzeit und zu Ostern in Gasthaussälen und ohne Kostüme gespielt.

Die Tradition der Spiele und ihre steigernde Niveau trugen dazu bei, dass ihr Ruhm sich weit ins Ausland von Österreich bis Spanien verbreitete. Deshalb beschlossen die Höritzer ein neues Passionsspielhaus zu bauen. Das Theater wurde am 25. Juni 1893 eröffnet und noch in diesem Jahr besuchten die Passionsspiele 40 000 Zuschauer.

Passionsspiele wurden in breiter Umgebung berühmt und so kann man sich nicht wundern, dass zu der Zeit besuchten die Spiele auch bedeutende Persönlichkeiten, zum Beispiel die Kaiserfamilie, Fürst Schwarzenberg, die Vertreter der Kirche.

Im Unterschied zu anderen Passionsspielorten, wo meistens mit mehrjähriger Unterbrechung gespielt wird, spielte man in Höritz häufiger. Nur während des 1. und 2. Weltkriegs wurden die Spiele unterbrochen. In der Zeit des 2. Weltkriegs diente das Theater als Militärlager.

Nach dem zweiten Weltkrieg entschlossen die tschechischen neuen Bewohner die Passionsspiele auf Tschechisch aufzuführen und fangen mit Vorbereitungen an. Mithilfe einer Sammlung durchführten sie die notwendigsten technischen Reparaturen und unter der Leitung von Herrn Straka und Jaroslav Tomáš Vetešník fangen sie an zu proben. Man arbeitete mit der tschechischen Übersetzung des Textes von Landsteiner.
Schon im Jahre 1947 fanden im Theater die ersten auf Tschechisch gespielten gekürzten Passionsspiele statt. Im nächsten Jahr wurde zum zweiten Mal gespielt, diesmal die vollständige Fassung. Die tschechische Aufführung wurde zum Symbol des Antritts der tschechischen Sprache und der tschechischen Bewohnern in die Umgebung.
Nach dem kommunistischen Putsch im Februar 1948 hatten die Staats- und Parteivertreter kein Interesse mehr, ein Spiel mit religiösem Thema weiter aufzuführen. Es wurde verboten zu spielen und das Passionsspielhaus wurde als Schafstall benutzt, später wurde devastiert und zum Schluss demoliert genauso wie die Kirche in der Nähe. Die Passionsspieltradition sollte in Vergessenheit geraten. Und nur ab und zu wurde unauffällig erwähnt, dass hier Passionsspiele gespielt wurden und dass sie auch verfilmt wurden. Diese Erwähnungen waren vor allem dank dem Gemeindechronist Herrn Šimeček möglich.

Pašijové divadlo 1893
Opona pašijového divadla

 

Die Wiederaufnahme der Passionsspiele nach 1989

Im Rahmen der Euforie nach dem November 1989 hat man gemeint (laut dem Sprichwort, dass das verbotene Obst am besten schmeckt), dass es sinnvoll und artig wäre sich mit der Geschichte der Passion zu beschäftigen. Der Bürgermeister Ing. Čunát hat eine Versammlung einberufen  und am 27.12. 1990 wurde die Gesellschaft für die Erneuerung der Passionsspiele „Pašije“ gegründet. Sie hatte das Ziel die Materialien über die Passionsspiele zu sammeln und eine Ausstellung zu verwirklichen, weiter die ausländischen Vorstellungen zu besuchen und Kontakte zur ausländischen Passionsspielgruppen anzuknüpfen. Nur heimlich sagten wir uns im Innersten, wie schön es gewesen wäre die Passionsspiele wieder aufzuführen. Aber wir hatten nichts. Das Gebäude wurde zerstört, die Kostüme verschwanden irgendwo und genauso die  Kulissen. Und das Wichtigste – den Ensemble mit wenigstens 20 Männern und den Text. Die ursprüngliche deutsche Version dauerte über fünf Stunden.

Wir bekamen zwei Textvorschläge. Einen vom Herrn Berka aus Budweis und den anderen vom Herrn PhDr. Jindřich Pecka. Nach den Besprechungen wurde die Vorlage vom Herrn Pecka ausgewählt, zu der später Jaroslav Krček Musik komponierte. Zum entscheidenden Moment kam es, als sich auf Grund eines Zeitungsartikels der Regisseur  Herr Antonín Bašta (zu der Zeit der Intendant des Südböhmischen Theaters) meldete. Über sein Angebot freuten wir uns sehr. Mithilfe seiner natürlichen Autorität und Liebenswürdigkeit geling es ihm aus unserem Ensemble das Maximum herauszuholen. Die Textvorlage vom Herrn Pecka verkürzte er teilweise, ohne das Poetische zu zerstören. Auf diese Weise unterstützte er den Handlungsverlauf. Auf dem Szenenbild arbeitete er mit seinem Schwager dem Architekten Antonín Dvořák zusammen.  Seit dem Jahre 1992 probten wir im Kulturhaus.

Im Frühling 1993 nahm die Gruppe Musica Bohemica die Musik von Jaroslav Krček auf. Diese Aufnahme dient uns bis heute. Alena Strašrybková entwarf und mit den Frauen aus der Passionsspielgruppe nähte sie die Kostüme. Das Material für die Kostüme stellte die Firma Jitex aus Písek für günstigen Preis zur Verfügung. Der Bürgermeister Čunát war die Seele der Vorbereitungen, in deren Rahmen  musste alles in drei Monaten fertig sein: Geländearbeiten und Entwässerung, Anfertigung der einfachen Sitzbänken, die Palisadenwände für die Bühne, Tische, Stühle und Kreuze für die Szene, Konstruktion für Zuschauerraumüberdachung, das Zelt für die Überdachung, die Baureparatur der Sozialeinrichtung, Einführungsleitung, Wasserleitung und Kanalisation, Ausbau der Stichstrasse, Druck von Plakaten und Eintrittskarten, Werbung in Medien.

Bis den geplanten Termin der Premiere – 26.6. 1993 (das heisst genau 100 Jahre und einen Tag nach der Premiere der Passion von Ammann) sollte auch ein Denkmal auf dem Marktplatz installiert werden. Am Vormittag wurde das Denkmal an alle „die sich um die Passion Verdienste erwarben“ entdeckt, anschliessend fand feierlicher Gottesdienst statt, den der Generalvikar Dvořák feierte, dann wurde die Ausstellung im Pfarrhaus eröffnet. Am Nachmittag fand dann die feierliche Erstaufführung des Passionsspiels statt. Die Vorstellung war erfolgreich und wurde sehr positiv sowohl von den Zuschauern als auch von den Medien angenommen. Manche Zuschauer waren von dem Spiel tief erschüttert. Man kann sagen, dass das erste Jahr erfolgreich war, im Ensemble herrschte freundliche Stimmung und aus bescheidenen Bedingungen entstand Anfang der neuen Tradition.

Gemäss unseren Möglichkeiten schickten wir unsere Vertreter zu den Treffen der Passionsspielgesellschaften (nach Cervera, Ligny, Nancy, Tegelen, Mendrisio), beim Treffen in Thiersee in Tirol wurde Frau Hotová mit dem „Goldenen Kreuz der Europassion“ für die Entwicklung der Kontakte mit den ausländischen Gruppen dekoriert.

Im Wettbewerb der kulturellen Bürgerinitiativen „Plätze im Herzen“ erreichten wir für das Jahr 1996 den ersten Platz und erhielten den Preis in der Höhe von 100 000 Kč. Die Auszeichnung wurde auf der Prager Burg überreicht.

Nachdem der Regisseur Bašta im Jahre 1998 verstorben war, übernahm die Regie Jiří Šesták, Schauspieler des Südböhmischen Theaters. Der aber konnte wegen seinen Aufgaben im Südböhmischen Theater nicht mehr so viel Zeit den Proben widmen, oft führte die Proben der Vorstand des Verwaltungsrates der Stiftung František Bublík, seine Verdienste sind nicht zu vergessen, denn er arbeitete mit grossem Engagement an den technischen und organisatorischen Sachen. Er erfüllte seine Aufgaben die ganzen 10 Jahre – bis zum Jahre 2003, wann er an die Mitgliedschaft im Verwaltungsrat verzichtete und trat von dem Posten des Vorstands ab. Im Jahre 2003 hörte die Stiftung auf faktisch zu existieren.

Nach der Auflösung der Stiftung rief man spontan nach dem Erhalten unserer Tradition. Herr Kučera koordinierte ein Treffen der Spielgruppe, um in dieser Angelegenheit zu handeln. Es wurde „Die Gesellschaft für Erhaltung der Passionsspiele“ gegründet (Dezember 2002) und zum Vorstand wurde Vítězslav Kučera gewählt. Im Jahre 2004 wurde die partnerische Zusammenarbeit mit dem bayerischen Perlesreut angeknüpft. Wir besuchen uns gegenseitig und nehmen auch an den Vorstellungen aktiv teil.

Zu Ostern 2005 und 2006 spielten wir eine gekürzte Version der Passion auf der Insel Kampa in Prag. Für manche von uns war das ein unvergessliches Erlebnis, mit einer Prozession über die Karlsbrücke zu gehen und dann vor Augen den zahlreichen Zuschauern die Geschichte Jesu zu spielen.

Miroslav Čunát (2016)
Karel Fila
Růžena Hotová